Türchen 1 bis 24 aus Dezember 2020

Eine Zusammenfassung ausgewählter Erfahrungen, Erkenntnisse und Merkwürdigkeiten zur Gestaltung und Verhandlung von Kontraktlogistik-Verträgen. Es handelt sich dabei um eine nicht-abschließende Darstellung der wesentlichen Elemente dieser Vertragsart. Wie immer: keine Rechtsberatung, sondern persönliche Tipps auf Basis meiner praktischen Erfahrungen!

 

1. Leistungsbeschreibungen eindeutig und drittverständlich gestalten

Eine Merkwürdigkeit sind definitiv Leistungsbeschreibungen, die typischerweise eine Anlage von Kontraktlogistikverträgen bilden. Eine essenzielle Komponente, aber eine häufig absolut unterschätzte. In der Euphorie einer Verhandlung und der “Grundsteinlegung einer neuen Geschäftsehe” wird hier nämlich oft geschludert. Im einfachsten Fall wird die Leistungsbeschreibung einfach aus der Ausschreibung des Auftraggebers und dem Angebotsdokument des Auftragnehmers zusammengebaut. Aber sind wir ehrlich: Niemals sind alle Details einer Ausschreibung und niemals alle Inhalte eines Dienstleisterangebotes vollumfänglich als Leistungsbeschreibung geeignet. Schlimmstenfalls gibt es in beiden Dokumenten auch noch Passagen, die sich widersprechen …

Seien Sie sich bei der Gestaltung dieser Anlage im Klaren: In den Fällen, in denen es während der Zusammenarbeit irgendwann zum Disput kommt, streiten/ verhandeln Menschen, die in der Regel nicht beim Vertragsschluss am Tisch gesessen haben oder ohnehin Externe sind, z.B. Gutachter oder Richter. Diese Menschen sind dann gezwungen zu verstehen, was genau die Parteien als Vertragsleistung vereinbart haben bzw. gemeint haben könnten. Ob dann das herauskommt, was ursprünglich gemeint war, darf bezweifelt werden.

Achten Sie also auf “Drittverständlichkeit” und Eindeutigkeit dieses Dokumentes. Die Arbeit lohnt sich!

 

2. „Gemeinsam“ ist schön, hilft aber im Vertrag selten

Ein Phänomen fällt mir immer wieder in Vertragsgesprächen auf: Dort, wo die Vertragsparteien inhaltlich unsicher sind, kommt häufig das Wort “gemeinsam” ins Spiel. “Gemeinsam werden die Parteien einen Projekt- und Meilensteinplan verabschieden …”. Natürlich werden im Rahmen der Zusammenarbeit die beiden Unternehmen nahezu alles gemeinsam planen, besprechen, verabschieden, …

ABER, Sie machen den Logistikdienstleistungsvertrag nicht, um sich auf die gemeinsame Pionierarbeit einzuschwören, sondern einerseits, um Leistung und Gegenleistung klar zu definieren, andererseits, um im Schadens- oder Streitfall eine möglichst eindeutige Verschuldenslage zu haben.

Für die Gestaltung eines Kontraktlogistik-Vertrages heißt das also den Geist von “gemeinsam” zu übersetzen in:

(1) Was schuldet die eine Partei?
(2) Was ist dafür die von der anderen Partei zu erfüllende Voraussetzung oder Mitleistungspflicht?
(3) Wie werden unterschiedliche Meinungen / Sichtweisen gehandhabt? Wer entscheidet ultimativ und was hat das für Folgen?
(4) Was ist die Rechtsfolge, wenn die eine oder andere Partei die Verpflichtung nicht hinreichend oder rechtzeitig erfüllt?

 

3. Alle Phasen des Outsourcings klar und umfassend regeln

Das A und O bei Kontraktlogistikverträgen ist meines Erachtens (1) Klarheit und (2) das Bewusstsein dafür, dass alle Regelungen mindestens genauso individuell “konfiguriert” werden können wie die Logistiklösung selbst. Zumindest gilt dies, solange Sie keine sittenwidrigen, nicht-wirksamen oder nicht-umsetzbaren Klauseln vereinbaren.

Dies gilt auch für die genaue Gestaltung der einzelnen Phasen eines Outsourcing-Projektes. Der Dienstleister startet ja (fast) nie mit einem eingeschwungenen Regelbetrieb. In den allermeisten Fällen des Kontraktlogistik-Outsourcings realisiert er zunächst die Logistiklösung, die er danach “einschwingt” und “hochfährt” bis letztlich der angestrebte Regelbetrieb erreicht wird. Dies wären dann exemplarisch schon drei interdependente Phasen der Zusammenarbeit, die der Vertrag regeln muss, aber vor allem mit unterschiedlichen Regelungs-Mechanismen versehen kann. Es empfiehlt sich z.B., die Haftungsbedingungen in der Realisierungsphase anders zu gestalten als im Regelbetrieb, ebenso das Vergütungsmodell. Und bei letzterem gibt es wesentlich differenziertere Modelle als den Klassiker “cost plus” bis zum Regelbetrieb.

Warum konzentrieren sich die Regelungen in so vielen Bestandsverträgen vor allem auf den Regelbetrieb und vernachlässigen die (durchaus kritischen) Phasen auf dem Weg dorthin? Meines Erachtens liegt dies in den meisten Fällen am (traditionellen) Ausschreibungsprozess zur Dienstleister-Auswahl. Typischerweise führt die Ausschreibung zur Fokussierung auf die unterschiedlichen Betriebskonzepte und -kosten der anbietenden Dienstleister im Regelbetrieb. Für die Auswahl des künftigen Partners ist dies mit Sicherheit richtig, als “Nebenwirkung” führt dies aber zur Vernachlässigung der Gestaltungsfreiheit für die übrigen Phasen. Das Paradox aus der Praxis: Ich würde die These aufstellen, dass desjenigen Outsourcings, die in einem Desaster enden, in den meisten Fällen bereits in der Realisierungs- oder Hochlaufphase scheitern und nicht erst im Regelbetrieb!

Was bedeutet das?

(1) Wir sollten die Art und Weise der Ausschreibungen überdenken.
(2) Alle Phasen der Zusammenarbeit mit dergleichen Präzision betrachten, zumindest im Logistikvertrag.

 

4. Umgang mit nicht finalen Inhalten/ Anlagen beim Vertragsschluss

Häufig entsteht im Rahmen der Verhandlung von Kontraktlogistikverträgen eine zeitliche Herausforderung bei der detaillierten Gestaltung aller Vertragsinhalte, insbesondere der Anlagen. So schaffen es die Parteien regelmäßig nicht, z.B. die detaillierte Leistungsbeschreibung oder die detaillierte Schnittstellenbeschreibung vor der Vertragsunterzeichnung zu erarbeiten und zu einigen.

Anmerkung: Also, diejenigen, die mit dem „Vertragsprojekt“ rechtzeitig angefangen haben, schaffen es natürlich schon … (-: !

Wie geht man mit dieser Herausforderung in der Praxis um? Eines muss beiden Parteien klar sein: Je detaillierter sie die Inhalte fassen, desto weniger „Überraschungen“ erleben sie beidseitig nach Vertragsschluss. Es ist es also wert, maximale Kraftanstrengung für die Finalisierung der Details zu erbringen – viel zu häufig machen es sich die Verhandelnden leicht und vertagen die gemeinsame Detailarbeit „auf einen späteren Zeitpunkt“. Aus meiner Sicht ist dies brandgefährlich!

Sollte die Kraftanstrengung dennoch nicht ausreichen, habe ich gute Erfahrungen damit gemacht, den Verhandlungsstand im Dokument „einzufrieren“ und dieses vorfinale Werk als Anlage beim Vertragsschluss zu nutzen. Das heißt aber, in diesem Dokument klar zu kennzeichnen,

  • welche Punkte sind geeinigt und werden nicht nochmals verhandelt,
  • welche Punkte sind nicht geeinigt, ggf. inkl. Klarstellung, ob dem Grunde nach oder z.B. hinsichtlich der Beträge etc.,
  • welche Punkte sind prinzipiell geeinigt haben aber wesentliche Dependenzen zu anderen, noch nicht geeinigten Positionen,

Neben dieser Klarheit empfiehlt es sich m.E., natürlich auch eine Frist für die spätere Finalisierung des Dokumentes einzubauen sowie Rechtsfolgen zu regeln, wenn die Frist nicht eingehalten werden kann.

 

5. Leistungsort bei Multi-User-Centern immer explizit regeln

Ein vordergründig wenig relevantes Thema ist die Regelung des Ortes, an dem die Logistikleistung erbracht werden soll. Im Rahmen von klassischen Betreibermodellen, in denen der Auftraggeber die Immobilie zur Verfügung stellt, sowie bei dediziert für einen „Mono-Kunden“ errichteten Standorten, ist dies typischerweise unproblematisch.

Sofern der Auftraggeber aber eine „übersichtliche“ und eher konventionelle Logistiklösung beim Dienstleister kontrahiert, ist diese oft Teil eines sog. „Multi-User-Logistikzentrums“. Rein praktisch sind die großen Dienstleister in der Lage, derartige Abwicklungen auch während laufender Verträge in einen anderen Multi-User-Standort umzuziehen. Haben Sie im Logistikvertrag keinen Passus, der den Ort der Leistungserbringung definiert und klarstellt, dass eine Verlagerung der Abwicklung der vorherigen Zustimmung des Auftraggebers bedarf, darf der Dienstleister grundsätzlich Ihre Logistikabwicklung verlagern.

Sie glauben, dies ist unrealistisch? Seinen Sie sich bitte im Klaren, dass manchmal Dienstleister durch Großkunden am Standort zu Kapazitätsausweitungen gezwungen sind und entsprechend „kleine“ Kunden verlagern müssen. Moralisch ist dieses „Verdrängen“ natürlich fragwürdig, aber mit dem grundsätzlichen „Recht“ dazu, verhandelt es sich mit dem Auftraggeber gleich besser … (-:

Sind Sie am Standort des Dienstleisters also nicht der Ankerkunde, dann unbedingt den Leistungsort mitregeln!

 

6. Wie baut man ein faires Mengen-/ Strukturdatengerüst für die Vertragsanlage?

Dass Mengen- und Strukturdaten in den Logistikvertrag gehören, wird von allen Beteiligten verstanden. Gleichzeitig ist es aber ein ungeliebtes, unterschätztes und mit unfassbar wenig Kreativität behandeltes Element.

Was ist hier gewollt? Natürlich basiert die initiale Kosten- und Preiskalkulation des Logistikdienstleisters auf einem zugrunde gelegten Mengen- und Strukturgerüst für die künftige Logistiklösung. Damit ist dieses Gerüst auch die Absprungbasis für Preisanpassungs-Mechanismen während der Vertragslaufzeit. So weit, so einfach.

Aber, woraus bildet man eine faire Vertragsanlage? Im schlimmsten Fall vereinbaren beiden Parteien sinngemäß im Vertrag, dass die Mengen- und Strukturvorgaben aus der Ausschreibung und dem Angebot des Dienstleisters gelten. Das sind dann typischerweise 1-4 Seiten aus der Ausschreibung, 1-2 Materialfluss-Darstellungen aus dem Angebot und einige Angaben aus Q&A-Dokumenten oder Workshops. Meiner Meinung nach entstehen daraus folgende Probleme:

  • In den allermeisten Fällen wissen wir doch schon bei Vertragsschluss, dass die Mengen / Strukturen sich bis zum operativen Start einer Anlage verändert haben werden. Warum tragen wir dem nicht schon im Vertrag durch konkrete Schwankungsbreiten Rechnung?
  • Zu viele, sich ggf. widersprechende/ überlagernde Daten ermöglichen jeder Partei – je nach aktueller wirtschaftlicher Situation (!) – ein „Rosinenpicken“, welche Daten sich zu ihren Gunsten/ Ungunsten verändert haben.
  • In der betrieblichen Praxis verändert sich über die Jahre das Datengerüst an diversen Stellen. Aber, (a) dies kann ohne Kostenauswirkungen verlaufen, (b) mehrere Effekte können sich aufheben, (c) es ändern sich so viele Parameter, dass der Gesamteffekt nicht mehr sauber nachvollziehbar ist.

Ich empfehle daher dringend bei der Vertragsgestaltung eine differenziertere Basis zu „bauen“. Definieren Sie gemeinsam auf Grundlage des Materialflusses die wesentlichen (< 10) Parameter, die die „wirtschaftlichen Dreh- und Angelpunkte“ für diese Logistik-Lösung darstellen. Nur wenn diese Parameter sich signifikant und dauerhaft ändern, sollten Preisanpassungs-Verhandlungen zulässig sein.

Ich weiß: Es ist nicht einfach, aber die Arbeit vor Vertragsschluss erspart Ihnen viel Ärger und Aufwand zu einem späteren Zeitpunkt. Und, ein Nebeneffekt ist, dass beide Partner sich vollkommen über diese Zusammenhänge bewusst sind und die Grenzen der Flexibilität offen diskutiert haben.

 

7. Die Forecasting-Diskussion ist kein Schwarzer-Peter-Spiel

„Wir benötigen einen verbindlichen Forecast.“, ist wohl ein Satz, der in jeder Vertragsverhandlung vorhersehbar vom Logistik-Dienstleister gesagt wird, aber immer zu verzerrten Gesichtern beim Auftraggeber führt. Letztlich stellt eine belastbare Vorhersage der Abwicklungsmengen bzw. der daraus resultierenden Logistikkapazität in fast allen Unternehmen eine Herausforderung dar. Dabei ist doch klar, dass man den Forecast nicht immer treffen kann – also muss man damit “unverkrampft” umgehen. Es darf nicht um ein “Schwarzer-Peter-Spiel” gehen.

Eines können wir meines Erachtens festhalten: Kein Dienstleister verwehrt sich einer gewissen Flexibilität, die er als Logistik-Spezialist bieten muss. Aber er muss sich dagegen protegieren, mehr Kosten dieser Flexibilität zu tragen als in seine Vergütung eingepreist sind. Daneben ist auch klar: Je schärfer er für die Erreichung von gewissen Service Levels/ KPIs pönalisiert wird, desto mehr ist er gezwungen den Leistungsrahmen in der Praxis beherrschbar zu machen. Je mehr (spontane) Flexibilität vom Dienstleister erwartet wird, desto mehr „kostet“ diese.

Festzulegen ist m.E. daher nicht, ob es einen Forecast geben sollte, sondern wie dieser praxistauglich im Einzelfall ausgestaltet wird. Hierzu sehe ich folgende Grundsätze:

  • Der Auftraggeber muss den Anspruch haben, den Forecast so präzise wie möglich zu gestalten, da er weiß, dass deutliche Abweichungen ihn entweder Geld oder Qualität „kosten“.
  • Keine (!) Forecasts gestalten auf Basis der selbstgenerierten (unbearbeiteten) Einschätzung des Vertriebs, auf Basis von Jahresbudgets oder sonstigen Grundlagen mit taktischer / politischer Färbung.
  • Bitte kein „hätten wir auch gerne“, sondern Ehrlichkeit in der Sache, was Sie haben und wie verbindlich die Aussagen sein können. Wenn Sie z.B. wissen, dass es wöchentlich einen Peak gibt, Sie aber den Tag nicht bestimmen können, dann ist das so. Dem muss auch das Forecast-Modell Rechnung tragen.
  • Ein Forecast sollte immer eine rollierende Vorausschau sein, die in Richtung Leistungswoche sukzessive mehr Genauigkeit erreicht. Weit entfernte Woche ermöglichen die grundlegende Planung der Schichten, Schichtstärken und Arbeitszeiten. Die nahe liegenden sind maßgeblich für den Einkauf von Fremdpersonal und die Nutzung von Arbeitszeitkonten der Mitarbeiter.
  • Der Dienstleister muss sich damit abfinden, dass er in einer Leistungswoche (in den meisten Abwicklungen) eine Flexibilität von +/-20% zum Forecast bieten muss (natürlich abhängig vom individuellen Auftraggeber).
  • Abseits von Toleranzgrenzen sollte die Messung der täglichen KPIs ausgesetzt/ eingeschränkt werden.
  • Eine sinnvolle Regelung zur Abarbeitung von Backlogs am Folgetag hilft, Spannungen aus der Einhaltung von Forecasts zu nehmen.

 

8. Subunternehmer-Klausel im Vertrag? Warum?

Subunternehmer im Logistikvertrag regeln – warum? Der erste Reflex meiner Kunden ist regelmäßig, dass ja der Logistik-Dienstleister entscheiden muss, was er selbst macht und was er fremdvergibt – solange er für seine Leistung „geradesteht“. Der Grundsatz ist richtig, dennoch empfehle ich mindestens folgende Aspekte im Logistikvertrag zu regeln.

Eine Untervergabe des kompletten Leistungsumfanges oder wesentlicher Teile, sollte nur mit Zustimmung des Auftraggebers möglich sein.

Handelt es sich um ein Outsourcing im „Betreiber-Modell“, bei dem typischerweise der Auftraggeber die Immobilie und wesentliche Infrastrukturteile zur Verfügung stellt (zumeist inkl. Branding des Auftraggebers an der Fassade), oder um einen Mono-Kunden-Logistikzentrum des Dienstleisters, wird dieser Standort in der “öffentlichen” Wahrnehmung als Abwicklung des Auftraggebers wahrgenommen. Es ist nicht undenkbar, dass es in der Praxis immer mal wieder zu „Unregelmäßigkeiten“ oder Gesetzesverstößen beim Einsatz von Werkvertrag- und / oder Leihpersonaldienstleistern oder anderen Partnern am Standort (z.B. Bewachung, Reinigung) – also Subdienstleistern des Logistik-Dienstleisters – kommen kann. Je nachdem wie „öffentlichkeitswirksam“ der Sachverhalt ist, hat der Auftraggeber in manchen Fällen ein rechtliches Problem, eigentlich aber immer einen massiven Image-Schaden.

Für den Logistikvertrag gilt vor allem: “Verhängnisvolle Vorkommnisse” im Grundsatz zu vermeiden bzw. Fehlentwicklungen frühzeitig erkennen zu können. Meine Empfehlung ist daher:

  • Auftraggeber sollten ihre moralischen Ansprüche an die Zusammenarbeit und den Umgang mit Subdienstleistern (ihres Logistik-Dienstleisters) formulieren und diese Vorstellungen als konkrete Vorgaben in den Logistikvertrag einbauen.
  • Der Einsatz mancher Subdienstleister, insbesondere in den Kern­leistungsbereichen, sollte von der Zustimmung des Auftraggebers abhängig gemacht werden.
  • Ggf. helfen “Schwellwerte” bei der Erstellung differenzierter Regelungen, um dem Logistikdienstleister einerseits ausreichend Autarkie zu gewähren, aber andererseits Kontrolle zu erreichen.
  • Audit-Rechte für den Auftraggeber sind immer hilfreich.

 

9. Wie plausibilisiert man Personalkosten und regelt Lohnkostenpassungen?

Der in den meisten Kontraktlogistik-Lösungen gewichtigste Kostenblock ist immer noch das Personal. Gleichzeitig nehme ich in diesem Bereich die meiste Unsicherheit der Auftraggeber wahr, wie diese Kosten zu verifizieren sind und wie Kostenanpassungen vertraglich geregelt werden können.

Meine Erfahrung ist, dass sich die gewerblichen Lohnkosten in Deutschland recht zuverlässig an den Tarifabschlüssen für die Logistik orientieren. Natürlich mit Aufschlägen dort, wo in Ballungsräumen der Flächentarif nicht passt oder besondere Qualifikationen notwendig sind. Hinzukommen – je nach Handhabung beim Dienstleister – ca. 23-24% AG-Anteile sowie individuelle, personenbezogene Kosten für Arbeits­bekleidung, Ausstattung etc. Und, natürlich schlägt jeder Dienstleister seine Gemeinkosten- und Margenanteile auf.

Die Personalkosten für gewerbliches Personal lassen sich so aber recht gut plausibilisieren. Mein Tipp, wenn es zu der beschriebenen Basis deutliche Abweichungen gibt: Lassen Sie sich diese erläutern bzw. vorrechnen. In der Regel gibt es gute Gründe dafür, warum Dienstleister nach oben abweichen, aber auch Argumente, warum sich dies für den Auftraggeber auszahlen kann.

Im kaufmännischen Bereich passen die Tariflöhne in der Regel eher weniger, da die Arbeitsentgelte sich stärker nach dem lokalen Markt, den individuellen Qualifikationen und dem Verhandlungsgeschick der Bewerber richten. Hier ist Gespür und Erfahrung gefragt, was kaufmännische Mitarbeiter in der Logistik verdienen sollten.

Wie sollte man im Logistikvertrag mit Lohnkostenanpassungs-Klauseln umgehen? Auch hier sind die Tarifabschlüsse ein guter, objektiver Anhaltspunkt – aber keine (!) Grundlage für einen Automatismus. Bitte beachten Sie, dass die Dienstleister überwiegend nicht tarifgebunden sind. Ergo sind sie nicht gezwungen, ihren Mitarbeitern auch tatsächlich mehr Lohn zu zahlen, zumindest nicht zu dem Zeitpunkt und nicht in der Höhe, die im Tarifabschluss vorgesehen ist. Eine entsprechende Vertragsklausel muss m.E. also sicherstellen, dass eine Anpassung der Leistungspreise nur dann vom Auftraggeber zu akzeptieren ist, wenn der Dienstleister seine tatsächliche Kostenerhöhung und deren Zeitpunkt nachgewiesen hat.

Ja, das ist in der Praxis kompliziert – hier ist im Einzelfall eine pragmatische Lösung (durch beide Parteien) zu erarbeiten, z.B. anonymisierter Nachweis der Mitarbeiterkonditionen, Audit-Rechte für den Auftraggeber oder einen zur Verschwiegenheit verpflichteten Dritten etc. Das heißt nicht, dass der Dienstleister sich “gläsern” machen muss, aber dann sollte er vielleicht von seinem Kunden auch keinen “Blanko-Scheck” für Lohnkostenanpassungen erwarten?!

 

10. Explosiv: Preisanpassungs-Mechanismen vollständig und differenziert regeln

Ein – meiner Meinung nach – sträflich vernachlässigtes Thema in Kontraktlogistik-Vertragsverhandlungen ist die durchdachte Regelung von Preisanpassungen, die nach Vertragsschluss notwendig werden. Regelmäßig existiert bei den verhandelnden Parteien zwar Konsens, dass man eine Regelung benötigt. Das „wie“ wird aber häufig unterschlagen, nach dem Prinzip: „Da werden wir uns dann schon einig“. Natürlich spielen in dieser „Nicht-Regelung“ auch taktische Erwägungen beider Seiten eine Rolle.

Im Sinne der Klarheit in einer (langen) Geschäftsbeziehung plädiere ich jedoch immer für transparente Spielregeln. Daher rege ich an, immer die folgenden Aspekte zu regeln:

Klar sollte sein, dass, wenn sich die der Kostenkalkulation des Dienstleisters zugrunde liegenden Mengen- und Strukturdaten ändern, sich die Parteien auf eine Anpassung der Vergütung einigen müssen. Allerdings sollten Sie immer einen „Schwellwert“ einbauen, um damit klar eine gewisse Flexibilität des Logistikdienstleisters zu fixieren. Sagen wir beispielweise, ein Toleranzkorridor von +/- 20% Abweichung um die Basis, soll vereinbart werden, innerhalb dessen die Vergütung nicht angepasst werden soll. Fraglich ist nur, wie definieren wir die Basis praxistauglich?

Der typische „Fehler“ ist m.E., den gesamten Materialfluss oder die gesamte Datenbasis einer Ausschreibung als „Mengen- und Strukturgerüst“ zu definieren. Erstens ändern sich in der Praxis diverse Parameter gleichzeitig, zweitens sind diese oft interdependent, drittens haben nicht alle die gleiche Relevanz hinsichtlich der Kostenveränderungen beim Dienstleister. Meine Empfehlung: Einigen Sie sich gemeinsam auf die wesentlichen Parameter (im Materialfluss), die die Dreh- und Angelpunkte für die Kostenkalkulation darstellen. Nur eine signifikante Abweichung dieser Parameter sollte dann Preisanpassungsdiskussionen für beiden Seiten zulassen.

Oft sehe ich in Bestandsverträgen auch „Verhandlungsklauseln“ (Die Parteien werden sich bei Abweichungen … auf Anpassungen einigen.“), in denen aber keine Konfliktlösungs-Mechanismen geregelt sind. Leider sind sich die Parteien gerade bei Preisanpassungen in der Regel aber uneinig – da macht es keinen Sinn, wenn eine Partei den „Streit“ förmlich aussitzen kann.

Ergo, bitte regeln Sie den formalen Prozess vollständig:

(1) Wer kann unter welchen Bedingungen ein Preisanpassungsverlangen stellen?
(2) Bis wann müssen sich die Parteien geeinigt haben?
(3) Eskalations-Mechanismus, wenn keine Einigung erfolgt inkl. neuer Frist für die z.B. Geschäftsführer/ Vorstände beider Unternehmen,
(4) Rechtsweg oder Schiedsverfahren nach erneuter Nichteinigung innerhalb der Frist.

Der letzte Schritt sollte immer als „ultima ratio“ verstanden werden, wenn alle Mittel einer einvernehmlichen Einigung ausgeschöpft sind. Wenn dann schon ein Dritter über die „richtige“ Vergütung einer Dienstleistung entscheiden muss, ist die Geschäftsbeziehung zumeist ohnehin ruiniert!

 

11. Wie gestaltet man die Nutzungsüberlassung in einem Betreibermodell?

Ich habe bereits in verschiedenen Artikeln und Beiträgen beschrieben, warum – meiner Meinung nach – die Outsourcing-Variante „Betreibermodell“ künftig an Fahrt gewinnen wird. Dabei gestellt der Auftraggeber typischer die Logistikimmobilie und wesentliche Teile der Betriebsausstattung.

Was heißt das hinsichtlich des Logistikvertrages? Nun, in der klassischen Variante „Full Service Outsourcing“ sind vornehmlich (a) die Leistungen des Dienstleisters, (b) die Mitwirkungsleistungen des Auftraggebers und (c) die Gegenleistung (Vergütung) zu regeln. Im „Betreibermodell“ kommt die rechtzeitige und vereinbarungsgemäße Zurverfügungstellung der ausgestatteten Immobilie als wesentliches Element hinzu. Dieses beeinflusst die Leistungserbringung des Dienstleisters maßgeblich, führt aber auch zu einer komplexeren Verknüpfung der beiden Parteien im Logistikvertrag. Wie agiert man in der Praxis? Vermietung/ Untervermietung an den Dienstleister? Kostenlose Nutzungsüberlassung? Wer kümmert sich um was?

Ich empfehle in jedem Fall die kostenlose Gestellung aller Gewerke – es ist nicht einzusehen, warum über eine Vermietung, der Dienstleister erst Miete zahlen sollte, um diese dann zuzüglich Gewinn- und Gemeinkostenaufschlägen als Logistikkosten wieder an den Auftraggeber zu belasten. Darüber hinaus ist bei „Betreibermodellen“ typischerweise der Dienstleister der einzige Nutzer der Immobilie. Entsprechend will sich der Auftraggeber in der Regel nicht um die „Kümmerer-Themen“ vor Ort bemühen müssen, z.B. Wartung, Instandhaltung, Prüfungen, Koordination von gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen etc.

Für den Logistikvertrag muss hier einmalig ein Gesamtkonzept erarbeitet werden, um Verantwortungslücken zu vermeiden. Zumal in den allermeisten Fällen der Auftraggeber eben nicht Eigentümer eines Logistikzentrums ist, sondern „nur“ Mieter eines Real Estate Unternehmens und damit seinen eigenen Obliegenheiten (als Mieter) nachkommen muss, ohne diese selbst (vor Ort) erfüllen zu wollen. Ich empfehle für diese Aufgabe folgende (gedankliche) Abgrenzung:

  • Welche Leistungen soll der Logistik-Dienstleister als Nebenleistungen vor Ort erbringen bzw. eigenverantwortlich kontrahieren dürfen, z.B. Facility Manager vor Ort, Winterdienst, Reinigung, …? Diese leisten gehören auch in die „Leistungsbeschreibung“.
  • Welche Leistungen kontrahiert der Auftraggeber direkt bei Dritten, z.B. Facility Management Unternehmen für die Immobilie, Bewachungsleistungen, Alarmaufschaltung, Technik-Wartungen?
  • Welche Leistungen kontrahiert und kontrolliert der Auftraggeber selbst, z.B. Versorgungsverträge für Strom, Gas, Wasser?

Dieses Gesamtkonzept ist vor allem auf Basis der Möglichkeiten und Präferenzen des Auftraggebers zu erstellen. Dringend rate ich dazu, die finale Verantwortungsmatrix in einer Nutzungsüberlassungsvereinbarung (Anlage zum Logistikvertrag oder separat) für alle Beteiligten sichtbar zu machen und Beispiele für die konkrete Handlungskette im Einzelfall darzustellen.

 

12. Konfliktlösungsmechanismen sinnvoll gestalten

Die meisten Kontraktlogistik-Verträge haben relativ lange Laufzeiten und enthalten entsprechend jede Menge Regelungen zur Handhabung von Veränderungen innerhalb der Vertragslaufzeit, z.B. Mengen- und Strukturveränderungen, Kosten- bzw. Preisveränderungen, Anpassungen der Kapazität, Anpassungen des Leistungsumfanges etc. Alles Themen, die in der Praxis zu Meinungsverschiedenheiten oder Streit der Partner führen können.

Die überwiegende Anzahl der Regelungen beinhaltet allerdings nur „Sprechklauseln“ („Die Parteien werden sich … einvernehmlich auf neue Konditionen … einigen.“). Hier machen m.E. die Partner beim Vertragsschluss häufig einen Denkfehler: Man geht davon aus, dass man auch im späteren Streitfall die verschiedenen Positionen konstruktiv, objektiv, emotionsfrei und ohne politische Hintergedanken lösen wird.

Meine Erfahrung zeigt ein gegenteiliges Bild: Nach einiges Jahren ist die Euphorie über die neue Logistiklösung verflogen, die Parteien sind wie ein „altes Ehepaar“, es sitzen andere Protagonisten am Tisch (als verhandelt haben), eines der beiden Unternehmen ist wirtschaftlich unzufrieden, hat aber kein Gehör beim Vertragspartner gefunden!

Ich empfehle daher immer, bereits bei der Vertragsgestaltung sinnvolle Konfliktlösungsmechanismen aufzunehmen. „Sinnvoll“ heißt dabei, dass beide Parteien schon im Vertragswerk regeln:

  • „Spielregeln“ und „Messgrößen“ für den Konfliktfall;
  • Konkretes Vorgehen (wer, was, wie?) für die Lösung der Meinungsverschiedenheit;
  • Fristen und Eskalationsstufen zum Erreichen einer Lösung, z.B. offizielle Eskalation eines Themas auf Geschäftsführer-/ Vorstandsebene durch eine Partei mit Einigungsfrist von x Wochen, gefolgt von der nächsten Eskalationsstufe;
  • „Auflösendes“ Element (z.B. Schiedsverfahren, Rechtsweg oder ordentliches Sonderkündigungsrecht), um eine finale Entscheidung sicherzustellen bzw. um ein „Aussitzen“ des Konfliktes durch eine Partei zu vermeiden.

Zum letzteren Punkt möchte ich betonen, dass diese Stufe immer als „ultima ratio“ des Modells ausgestaltet werden muss. Wenn zwei Geschäftspartner einen Konflikt nur noch durch einen (unbeteiligten) Dritten lösen können, ist in der Regel die weitere Zusammenarbeit nahezu unmöglich.

 

13. Eine KPI Matrix macht noch lange kein Service Level Agreement

Ein typischer Bestandteil von Kontraktlogistikverträgen ist das Service Level Agreement. Hierin sind in der Regel mehrere Key Performance Indicators (KPI) geregelt, die den Qualitätsanspruch des Auftraggebers an die Leistung in wesentlichen Leistungs­bereichen greifbar machen sollen.

Meiner Erfahrung nach, fällt es den meisten Unternehmen leicht, diese Parameter und deren Zielgrößen zu definieren, z.B. taggleiche Wareneingangs-Bearbeitung zu 98,5%, taggleiche Auftragsabarbeitung zu 99,5% … – schnell ist eine Excel-Übersicht gebaut mit 5-6 Parametern und Zielgrößen.

Allerdings sehe ich zu häufig, dass diese Matrix dann Vertragsanlage wird – ohne weitere Ausarbeitung / Erläuterung, wie das Modell „dahinter“ funktionieren soll. Kurz gesagt, eine Übersicht der KPI macht kein Service Level Agreement! Die bisher schlechteste Variante, die ich in einem Bestandsvertrag gesehen habe, war die Definition der reinen KPI, wobei die Zielgrößen von den Parteien im ersten Vertragsjahr geeinigt werden sollten und zusätzlich keine Koppelung an ein Bonus-Malus-Modell vorgesehen war – ergo: sinnlos!

Daher in der Kürze nur einige Hinweise meinerseits zu einem sinnvollen Modell:

  • Integrieren Sie IMMER ein Malus- oder Bonus-Malus-Modell.
  • Neben dem Zielwert oder der Zielzone pro KPI, schreiben Sie immer auch den Bonus- oder Malus-Bereich konkret fest.
  • Der finanzielle Betrag, der für einen Bonus oder Malus pro Monat „im Feuer“ steht, MUSS in der GuV des Dienstleisters signifikant sein, z.B. 25-30% der kalkulierten Marge ausmachen.
  • Ich empfehle, die Ermittlung der Bonus- bzw. Malus-Beträge proportional nach dem Grad der Zielerreichung anzuwenden, also „Sprünge“ weitgehend zu vermeiden.
  • Definieren Sie ggf. ein unteres Qualitätslevel pro KPI, ab dem Ihr Kerngeschäft so massiv beschädigt wird, dass eine Sonderkündigung in Betracht kommt. Dies macht in der Regel nicht für alle KPI Sinn.
  • Beschreiben Sie konkret, was die Voraussetzungen und ggf. Ausnahmen für die tagtägliche Messung jedes KPI sind.
  • Zumeist macht die tägliche Messung, aber mit monatlicher Abrechnung von Bonus- / Malus-Beträgen Sinn.
  • Definieren Sie, wer die KPI in welcher Form berichtet und wie die andere Partei dies kontrollieren kann.

Und, noch ein Hinweis: Der Malus sollte kein Anreiz für den Auftraggeber sein, hierüber regelmäßig seine Logistikkosten zu reduzieren – die Parteien müssen also realistische Zielgrößen finden.  Gleichzeitig muss klar sein, dass ein Malus bei echter „Schlechtleistung“ keinen Schadenersatz ersetzen kann, der in der Regel höher ist. Der Malus darf also in keinem Fall den Schadenersatz aussetzen.

 

14. Funktionierende Gain Share Modelle müssen differenziert aufgebaut sein

„Wir teilen uns dann die Einsparungen aus Verbesserungen in der Abwicklung.“ – ein im Rahmen von Vertragsverhandlungen häufig gehörter Satz. Klingt nach einem fairen und einfachen Ansatz, bei dem jeder weiß, was gemeint ist. Und dann wundert man sich in der betrieblichen Praxis, warum so wenige Einsparmaßnahmen identifiziert und umgesetzt werden …

Verstehen Sie mich nicht falsch: Der „Geist“ des obigen Ansatzes ist vollkommen ok, aber für die Ausgestaltung einer Vertragsregelung sollte man differenzierter an das Thema gehen. Es geht nicht nur um „Hygiene“ in der Geschäftsbeziehung, sondern darum Anreize zu schaffen, so dass beide Vertragspartner tatsächlich Logistikkosten reduzieren (wollen).

Das Gain Share Modell sollte daher den richtigen Fokus haben, nämlich auf konkrete Prozess- bzw. Leistungsveränderungen beim Dienstleister oder in dem Zusammenwirken von Auftraggeber und Dienstleister. Dabei realisiert der Dienstleister entsprechende Maßnahmen oder ermöglicht dem Auftraggeber die Realisierung von Einsparungen, wobei diese in der fremdvergebenen Logistikabwicklung (z.B. Reduktion von Verpackungskosten) oder beim Auftraggeber direkt (z.B. Reduktion Klärungsaufwände oder Customer Service Umfänge) entstehen können.

Das Modell sollte explizit nicht „unbeeinflussbare“ Kosten-Senkungen regeln, z.B. durch Mengen- und/ oder Strukturveränderungen, durch gesetzliche Rahmenbedingungen oder generell Effekte, die für die Parteien weder nachvollziehbar noch auf ein konkretes Handeln zurückzuführen sind.

Es geht letztlich um die Regelung von konkreten „Mini-Projekten“, die als solche von den Parteien bewertet und beschlossen werden, und an denen zumeist beide Partner mitwirken, Ressourcen einbringen oder Investitionen tätigen. Nur unter Berücksichtigung aller Auswirkungen und Aufwände dieser Projekte, sollte dann über die Verteilung von Einsparungen befunden werden. Hierzu gehört übrigens auch die Frage, ob diese Einsparungen für die restliche Vertragsdauer geteilt oder nur für einen limitierten Zeitraum werden.

Klar ist meines Erachtens immer:

  • Die Vielzahl der Ideen kommt in der Praxis eher vom Dienstleister, aufgrund seiner größeren Nähe zum Geschehen und seines anderen Blickwinkels auf die Logistikabwicklung.
  • Zu Beginn der Zusammenarbeit kommen i.d.R. mehr Ideen / Anregungen als später.
  • Hat der Logistik-Dienstleister keinen wirtschaftlichen Vorteil aus einer (aufwändigen) Veränderungsmaßnahme, ist seine Motivation für derartige Vorschläge beschränkt.

Ich habe übrigens gute Erfahrungen damit gemacht, den Prozess, die Spielregeln, Umsetzungszwänge vs. -freiheiten etc. zu „formalisieren“ inkl. eines benannten Gremiums, welches sich in einer sinnvollen Frequenz hierzu austauscht und die Sitzungen protokolliert. Gerade im Bereich von Nachverhandlungen erlebe ich leider immer wieder beide Vertragspartner, die sich vorwerfen, was (angeblich) alles vorgeschlagen wurde, aber „der andere nicht mitziehen“ wollte.

 

15. KVP-Regelung oder lieber “Effizienzsteigerungsklausel”?

Beim Thema „Gain Share Modell“ habe ich darauf hingewiesen, dass darin nicht kontinuierliche Effizienzsteigerungen der Logistikabwicklung geregelt werden sollten. Dies trifft aber auf die KVP-Regelung (Kontinuierlicher Verbesserungsprozess) im Logistikvertrag zu. Ich gebe zu bedenken, dass hier die Terminologie in der Praxis zu wünschen übriglässt, da der klassische KVP-Ansatz m.E. sowohl (gemeinsame) Verbesserungsprojekte wie auch Effizienzsteigerungen umfasst. Sprechen wir daher von „Effizienzsteigerungsklausel“.

Der Gedanke dahinter ist simpel: Es ist davon auszugehen, dass der Dienstleister mit zunehmender „Übung“ den Logistikbetrieb immer besser einschwingt, die Prozesse sukzessive effizienter gestalten kann und damit Kostenvorteile erreicht. Über eine Effizienzsteigerungsklausel im Vertrag legen die Parteien vorab fest, dass der Auftraggeber ebenfalls hiervon profitiert. Dies ist m.E. nicht unseriös, sondern mildert in der Praxis die kontinuierliche Lohn- und Sachkostensteigerung ab, die der Auftraggeber in der Regel zu tragen hat, aber selbst nicht 1:1 an seine Kunden weitergeben kann.

Hinsichtlich der Ausgestaltung sind viel Praxis-Erfahrung und Augenmaß (!) beider Parteien gefragt. Klar ist als grobe Richtschnur:

  • Eine bereits eingeschwungene Abwicklung hat weniger Potential als eine neu aufgebaute Abwicklung.
  • Eine stark automatisierte Anlage hat weniger Potential als eine konventionelle.
  • Je weniger Freiheitsgrade der Dienstleister in der Prozessgestaltung hat desto weniger Potenzial kann er heben.

Immens wichtig ist unter dem Strich eine erreichbare Effizienzsteigerung pro Jahr. Es geht nicht darum sich als Auftraggeber an einer zu hoch gesetzten Messlatte zu „bereichern“. Gleichzeitig muss der Auftraggeber die Kalkulation des Dienstleisters bzw. dessen angesetzte Produktivitäten so gut plausibilisieren, dass darin kein bzw. nur wenig Puffer eingerechnet ist. Wir wollen über die Vertragsklausel schließlich keine versteckten Kalkulationspuffer belohnen.

Wie funktioniert die Mechanik der Regelung? Ich habe gute Erfahrungen mit zwei Modellen gemacht:

  • Wo es sachlich passt, kann man die Klausel entfallen lassen, wenn gleichzeitig keine Lohnkostensteigerungen durch den Auftraggeber zu tragen sind. Diese liegt im Tarifgebiet der ver.di durchschnittlich bei ca. 2,2 – 2,5% p.a.
  • Automatische Reduktion der vereinbaren Preise/ Vergütungssätze Jahr-auf-Jahr um die zu erzielende Effizienzsteigerung, angewandt auf den Personalkostenanteil. Diese Reduktion muss nicht jährlich der gleiche Prozentsatz sein, sondern kann auch als degressiver Verlauf vereinbart werden.

Ich persönlich präferiere den zweiten Ansatz, um keinen Dienstleister in Versuchung zu führen, statt einer tatsächlichen Effizienzsteigerung im Betrieb, auf Lohnerhöhungen beim Personal zu verzichten.

 

16. Braucht man eine Change Request Regelung im Logistikvertrag?

Braucht man ein Change Request Verfahren im Kontraktlogistik-Vertrag? Eine berechtigte Frage, aber zuvor möchte ich anregen, den Fokus dieses Verfahrens zu definieren, denn in der Praxis sehe ich häufig eine Vermischung von Preisanpassungsverfahren und Change Request Regelungen.

Grundsätzlich kann ein Change Request Verfahren natürlich jegliche Adaption des Logistikvertrages regeln. Ich meine aber, dass im Sinne der Regelungsklarheit eine Differenzierung zu bevorzugen ist:

  • Das Preisanpassungsverfahren konzentriert sich auf Anpassungen der Vergütung, weil sich – bei Wahrung des abgestimmten Leistungsumfangs des Dienstleisters – Kostenparameter bzw. Kalkulationsannahmen verändert haben, z.B. Mengen, Strukturen, Tarifvereinbarungen etc.
  • Das Change Request Verfahren konzentriert sich auf die Vergrößerung oder Verkleinerung des Leistungsumfangs des Dienstleisters oder die präzisere/ abweichende Definition eines Leistungsfangs – ohne, dass sich die Kosten- oder Kalkulationsparameter verändert hätten.

Natürlich gibt es in der Praxis Fälle, in denen beide Sachverhalte parallel verlaufen und gemeinsam betrachtet werden müssen. Aber auch in diesen Fällen hilft den Vertragsparteien m.E. die gedankliche Trennung der Sachverhalte, um zu einer fairen Bewertung der Effekte zu gelangen.

Damit beantwortet sich schon nahezu die Eingangsfrage. Denn es ist doch klar:

  • Egal wie umfangreich eine Ausschreibung vor dem Vertragsschluss war und wie umfangreich die Leistungsbeschreibung verfasst worden ist, irgendeine Leistungskomponente ist in der Regel nicht (hinreichend) durch die Vertragspartner geregelt worden.
  • Über die (lange) Laufzeit eines Kontraktlogistik-Vertrages ergeben sich zwangsläufig inhaltliche Änderungen des Leistungsumfanges des Dienstleisters.
  • Liegt zwischen Vertragsschluss und operativem Start einer (neuen) Abwicklung ein langer Zeitraum, haben sich ggf. Anforderungen des Auftraggebers und/ oder Rahmenbedingungen für den Dienstleister verändert.

Meiner Meinung nach ist es daher immer klug, die „Spielregeln“, also das Verfahren zur Adaption des Vertrages und etwaiger wirtschaftlicher Auswirkungen bereits im Vertrag formal zu regeln. Die inhaltliche Einigung zu den Themen wird in der Praxis schon kompliziert genug – da muss man sich schlimmstenfalls nicht noch über das Verfahren „streiten“. Und – wie schon bei den Preisanpassungsregelungen (Kapitel 10) skizziert – sollte die Vertragsklausel den gesamten Einigungsprozess umfassen:

(1) Wer kann unter welchen Bedingungen das Verfahren anstoßen?
(2) Bis wann müssen sich die Parteien geeinigt haben?
(3) Eskalations-Mechanismus, wenn keine Einigung erfolgt, inkl. neuer Frist für die z.B. Geschäftsführer/ Vorstände beider Unternehmen.
(4) Rechtsweg oder Schiedsverfahren nach erneuter Nichteinigung innerhalb der Frist.

Der letzte Schritt sollte immer als „ultima ratio“ verstanden werden, wenn alle Mittel einer einvernehmlichen Einigung ausgeschöpft sind.

 

17. Bei der Inventurregelung nicht nur an Güterschäden denken

Eine Inventurregelung gehört zum Standard eines Logistikvertrages – so weit, so einfach. Mit fällt allerdings immer wieder auf, dass die konkrete Ausgestaltung der Regelung(en) Fragezeichen hervorruft.

Versuchen wir ein wenig aufzuräumen. Welches Inventur-Verfahren für einen Auftraggeber das richtige ist, kann nicht pauschal beurteilt werden. Es hängt m.E. von dessen Präferenzen, der Eigenart der Logistikabwicklung, aber auch den Empfehlungen/ Vorgaben des Wirtschaftsprüfers ab. Für Logistikabwicklungen mit viel Kommissionier-Tätigkeit, bin ich Fan von permanenten Inventurverfahren, da diese vermeintlich den Kernprozess nur wenig stören. Aber auch Stichtags-Zählungen oder Stichproben-Verfahren haben ihre Daseinsberechtigung.

Nach Feststellung der quantitativen Abweichungen, ist in den meisten Fällen ebenfalls klar, dass der Wertansatz für Schwund auf Basis der Buchwerte, Einkaufspreise oder Wiederbeschaffungskosten erfolgen soll. Hinsichtlich der Haftung des Dienstleisters für den Schwund von Gütern während seiner Obhut, sind allerdings folgende Einfluss­größen/ Zusammenhänge zu durchdenken:

(1) Erfolgt eine Einzelteilidentifikation im Wareneingang oder Mengenbuchungen auf Basis der Lieferpapiere bzw. Angaben auf den Gebinden?
(2) Welche Diebstahlprotektion bzw. -prävention gibt es im Lagerbetrieb?
(3) Entsteht für den Auftraggeber beim Schwund „nur“ ein Güterschaden oder darüber hinaus ein (ggf. deutlich höherer) Vermögensschaden, z.B. durch die Stornierung einer Bestellung durch seinen Kunden?
(4) Wieviel Schaden entsteht dem Auftraggeber an welcher Stelle, wenn Bestände auf den Kommissionierplätzen unterjährig immer wieder fehlerhaft sind, sich Plus- und Minus-Differenzen einer SKU aber im Jahresverlauf weitestgehend ausgleichen, also kein Güterschaden entsteht?

Im Hinblick auf die Punkte (1) und (2) muss eine Abschätzung der Aufwände Klarheit bringen. Wieviel Aufwand will der Auftraggeber betreiben/ bezahlen, um später geringe(re) Inventur-Differenzen zu erzielen? Wie viel Aufwand betreibt/ bezahlt er, um die Mengenabweichungen der Lieferanten zu unterbinden? Klar ist zumeist: Ein Toleranzkorridor, der „unvermeidliche“ Differenzen abfedert, ist sinnvoll – innerhalb dieses Korridors haftet der Dienstleister nicht.

Im Hinblick auf die Punkte (3) und (4) entsteht häufig kein direkter Güterschaden, es findet also regelmäßig keine Haftung im Rahmen der Inventur statt. Die Folgeschäden aus mangelnder Bestandsgenauigkeit sind nur schwer bis nicht nachweisbar – eine Regelung sollte daher auf pauschalierten Schadenersatz, Pönalen etc. fokussieren. Der Dienstleister sollte aber immer auch die Möglichkeit haben, sein Nichtverschulden nachzuweisen. Alternativ empfehle ich hierzu einen KPI zu „gestalten“, der der „Lagerhygiene“ Rechnung trägt.

Zuletzt die immer wieder aufkommende Diskussion: Sollte ein verbleibender „Pluswert“, quasi als Guthaben in das nächste Geschäftsjahr vorgetragen werden dürfen? Es hängt stark von den (vermutlichen) Ursachen dieser „Pluswerte“ ab. Es ist jedoch schwer nachvollziehbar, warum z.B. unerkannte Überlieferungen von Lieferanten zu einem „Wertpuffer“ führen sollten, der den tatsächlich stattfindenden Schwund im Lager dann im nächsten Geschäftsjahr kompensiert.

 

18. Seien Sie kreativ bei der Gestaltung des Vergütungsmodells

Im Hinblick auf die Gestaltung des Vergütungsmodells im Kontraktlogistik-Vertrag, stelle ich regelmäßig erstaunliche Ideenlosigkeit der Vertragsparteien fest. „Was gibt es da zu gestalten? Ist doch im Tender drin.“, könnte man meinen. Oder ein Klassiker: „Wir machen erst Cost-Plus, dann Leistungspreise.“

Nun ja, ich würde sagen, nutzen Sie doch die Chance das Vergütungsmodell individuell zu „konfigurieren“, so dass es den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung trägt. Dies gilt auch für eine kluge Differenzierung zwischen den Phasen der Zusammenarbeit, z.B. (a) Realisierung der (neuen) Abwicklung, (b) Hochlauf/ Optimierung und (c) Regelbetrieb. Die (Vor-)Arbeit lohnt sich, denn damit erstellt man eine faire Grundlage, die beiden Partnern später viele Diskussionen erspart. Durch diese Individualität ergibt sich eine immense Anzahl von Möglichkeiten und Regelungen, die wir hier in der Gesamtheit nicht betrachten können. Ich beschränke mich daher auf einige wenige Denkanstöße und Tipps.

Befreien Sie sich bitte zunächst davon, dass das Preis-/ Kostentemplate, das im Rahmen einer Ausschreibung genutzt wird, auch die Vergütungsmatrix für die Zusammenarbeit darstellt. Dies sind zwei Paar Schuhe: Im Tender geht es um die Schaffung einer vergleichbaren und handhabbaren Auswertungsbasis und Kostentransparenz, um damit die Auswahl des Logistikpartners zu unterstützen. Im Vergütungsmodell (des Vertrages) geht es aber um ein – für beide Seiten – handhabbares und maßgeschneidertes Modell, das im besten Fall die „normalen“ Schwankungseffekte hinsichtlich der Abwicklungsmengen und -strukturen abfedert.

Darüber hinaus empfehle ich, die Abrechnungspositionen/ Preise so zu gestalten, dass sie (a) nahe an der tatsächlichen Aufwandsentstehung liegen, (b) der Kostenvarianz durch schwankende Durchsatzmengen im Betrieb Rechnung tragen. Daher meine ich auch, dass eine strikte Trennung der Kostenarten oft sinnvoll ist:

  • Voll variable Kosten = Stück-/ Prozesspreise („Einheitspreise“), je nach Outsourcing-Modell oft beschränkt auf Personalanzahl-getriebene Kostenarten.
  • Fixe, sprungfixe Kosten und Pauschalen = Pauschalen pro Monat, die regelmäßig und auf Basis geeinigter Parameter/ Modelle adaptiert werden müssen.
  • (Zunächst) nicht greifbare Aufwände, für die keine Preisvereinbarung möglich oder gewollt ist: Vereinbarung von Stundensätzen für gewerbliche und kaufmännische Tätigkeiten, die auf Basis der monatlich geleisteten und nachgewiesenen Stunden zur Abrechnung führen.
  • Sonderthemen, z.B. Verpackungsmaterial, Verbrauchsmaterial, Ver-/ Entsorgungskosten etc. = individuelle Regelungen.

Eine Variabilisierung aller Kosten ist zwar einfach zu handhaben, führt aber zwangsläufig dazu, dass ein Vertragspartner „den schwarzen Peter“ in der Hand hat – und es merkt oder eben auch nicht! Oder Sie müssen eine Vielzahl von Rahmenbedingungen vereinbaren, die das Modell fair halten. In der Regel ist m.E. ein Konflikt vorprogrammiert.

Wie viele Positionen sollte man vereinbaren? Ich meine vereinfacht: So wenige wie möglich, aber so viele wie nötig, um der oben beschriebenen Systematik gerecht zu werden.

Und zuletzt ein wichtiger Hinweis: Das Vergütungsmodell ist mehr als die Preismatrix! Dieses Element muss ausbalanciert werden mit, u.a. dem Service Level Agreement, dem Gain Share Modell, der Preisanpassungslogik, dem Forecasting etc.

 

19. Haftung & Versicherung: Komplexität gepaart mit großer Unsicherheit bei allen Beteiligten

Der definitiv unangenehmste Themenblock bei der Verhandlung von Kontraktlogistik-Verträgen ist „Haftung & Versicherung“. Regelmäßig verhärten sich an dieser Stelle die Vertragsverhandlungen. Als Ursache sehe ich persönlich eine Mischung aus einem komplexen Regelungsumfang, einer großen Unsicherheit in der Materie bei allen Beteiligten sowie häufig einer falschen Erwartungshaltung der Auftraggeber („Wer’s kaputt macht, muss es bezahlen!“).

Das gesamte Themenfeld ist leider viel zu umfassend, um es hier präzise darzustellen. Ich möchte mich daher auf einige grundlegende Aspekte beschränken.

Zunächst einmal müssen Sie sich als Auftraggeber klarmachen, dass jeder professionelle Dienstleister eine Logistikabwicklung übernimmt, um mit seiner Dienstleistung eine (vergleichsweise geringe) Marge zu erzielen. Es ist nicht Teil des Geschäftsmodells, dem Auftraggeber diejenigen Risiken abzunehmen, die für jeden Betreiber „unvermeidlich“ sind. Das heißt in der Praxis, (a) reines „Risiko-Outsourcing“ vermeiden, (b) Risiken, die eingegangen werden müssen, weitestmöglich beschränken, (c) Kosten der Risiko-Protektion in die Logistikkosten einpreisen. Hierin liegt auch eine Wahrheit: Alles, was per se nicht oder nur zu unverhältnismäßigen Kosten versicherbar ist, wird zwischen den Parteien schwer zu regeln. Es bedarf hierzu viel Sachverstand und Augenmaß in den Diskussionen.

Ein weiterer Tipp meinerseits ist, trennen Sie die Diskussionen zur angestrebten Haftung des Dienstleisters einerseits, und der Versicherungskonstruktion beider Partner andererseits. Vereinfacht gesagt: Als Auftraggeber ist die (unmittelbare) Haftung des Dienstleisters das entscheidende – ob der Dienstleister sein Haftungsrisiko versichert oder in welcher Form und Höhe oder mit welchen Selbstbehalten und Versicherungsbedingungen, ist zunächst die autarke Entscheidung des Dienstleisters. Natürlich muss der Auftraggeber das Konstrukt kennen, da bei Großschäden die reine Haftung zur sofortigen Insolvenz des Dienstleisters führen würde. Aber, es ist ein Märchen, dass Dienstleister nur dort und so weit haften, wie das Risiko versichert ist! Vielmehr steht eine faire Gesamtkonstruktion im Fokus, die die Logistikkosten nicht mit unnötigen Versicherungsprämien überfrachtet!

Beschränken wir uns zunächst auf die Güterschäden. Gesetzlich haftet der Dienstleister für den von ihm verschuldeten Schaden/ Verlust unbeschränkt. Entsprechend ist nachvollziehbar, dass alle Dienstleister eine Haftungshöchstgrenze einziehen für einfach-/ leicht-fahrlässiges Verhalten, also eine Schadensursache, die niemand voll ausschließen kann. Für Vorsatz oder eindeutig grob fahrlässiges Verhalten ist in der Regel eine unbeschränkte Haftung akzeptabel. In nahezu allen Fällen, hängt die Versicherung der Güter beim Eigentümer, also dem Auftraggeber – auf seiner Seite ist dies i.d.R. eine Sachversicherung, die ohnehin besteht. Die Prämien sind i.d.R. geringer als für ein Pendant auf Dienstleister-Seite, dort i.d.R. eine Haftpflicht-Versicherung.

Was passiert also im Schadenfall konkret?

(1) Die Versicherung des Auftraggebers reguliert den Güterschaden.
(2) Sie prüft dann, ob – gemäß Haftungsvereinbarung aus dem Logistikvertrag (!) – schuldhaftes Verhalten des Dienstleisters vorliegt. Diese würde zum Regress gegen diesen – im Rahmen der Haftungsbeschränkungen des Logistikvertrages (!) – führen.
(3) Für den Regress-Umfang springt ggf. eine Haftpflichtversicherung des Dienstleisters ein.
(4) Das heißt, bei Großschäden oberhalb der Haftungshöchstgrenzen, bleibt die Versicherung des Auftraggebers auf dem überschießenden Schaden „sitzen“.

Gegenprobe: Würde der Dienstleister unbeschränkt haften (und sich so versichern!), würde sich im Schadenfall die (preiswertere) Versicherung des Auftraggebers an der (teureren) Versicherung des Dienstleisters „schadlos“ halten. Für den Auftraggeber würde diese Konstruktion aber bedeuten, einmal die eigene Versicherungsprämie (sowieso) zu tragen und zusätzlich die Prämie für eine umfassende Versicherungsdeckung beim Dienstleister. Ein Risiko, ein Schaden, aber zweimal versichert! Wirtschaftlich macht dies keinen Sinn.

Ein zusätzlicher Hinweis: Im Schadensfall können die Versicherer des Auftraggebers, den Vertrag kündigen oder die Prämie anpassen – ggf. muss auch der hieraus entstehende Schaden des Auftraggebers in den Haftungsumfang des Dienstleisters integriert werden. Sie sehen: das Thema ist komplex, variantenreich und eine absolut individuelle Konstruktion!

Nur ein abschließender Hinweis meinerseits: Konzentrieren Sie sich in den Verhandlungen nicht nur auf die Güterschäden. Häufig sind Schäden, die eher den Charakter von „Folgeschäden“ haben (z.B. auch Schlechtleistung des Dienstleisters ohne Güterschäden), für den Auftraggeber viel „schmerzhafter“. Diese sind darüber hinaus sehr schwer zu regeln, da Ursache und Wirkung sowie die Verschuldensfrage oft per se unklar sind.

 

20. Schiedsklausel oder Gutachter-Verfahren im Kontraktlogistik-Vertrag?

Auf besonderen Wunsch nehme ich gerne Stellung zum Thema „Schiedsverfahren“.

Die Aufnahme einer Schiedsklausel in den Kontraktlogistik-Vertrag macht dann Sinn, wenn die Parteien für Konfliktlösungen eine Alternative zum klassischen Weg über die ordentlichen Gerichte präferieren. Die Vielzahl meiner Kunden verspricht sich davon (a) ein schnelleres Verfahren sowie (b) mehr Praxis-Nähe in der Prüfung des streitigen Sachverhaltes. Ob dies so ist, hängt auch davon ab, wie das Verfahren ausgestaltet und vereinbart wird. In jedem Fall hat m.E. das Schiedsverfahren den Vorteil, dass die Parteien vorab überhaupt „Einfluss“ auf den Ablauf und Zeiträume nehmen können.

Eine grundlegende Überlegung habe ich in anderen Beiträgen schon dargestellt: Ein Schiedsverfahren oder alternativ auch ein Gutachter-Verfahren darf immer nur die „ultima ratio“ im Konfliktlösungs-Modell sein. Das heißt, es sollte immer klar beschriebene und befristete Eskalationsstufen für eine einvernehmliche Einigung VOR dem Schiedsverfahren geben. Sehen beide Parteien dennoch keinen anderen Ausweg mehr, als einen Streit über einen (unbeteiligten) Dritten klären zu lassen, ist die weitere Geschäftsbeziehung in der Regel zerstört – dafür ist die Verflechtung beider Unternehmen im Kontraktlogistik-Outsourcing einfach zu eng.

Was ist bei der Ausgestaltung der Schiedsregelung zu beachten? Hier ist m.E. zu unterscheiden, ob es sich um ein klassisches Schiedsverfahren gemäß Schieds­gerichtsordnung handelt oder eher um ein Gutachter-Verfahren – letzteres ist individueller durch die Parteien gestaltbar und ggf. näher an der betrieblichen Praxis, aber die Einigung auf die Person des Gutachters muss klug geregelt sein. Der Kardinalfehler, den ich leider immer wieder sehe, ist keine Details zum Verfahren zu vereinbaren, so dass im Streitfall ein zusätzlicher Streit über den „modus operandi“ entbrennt. Für die Vereinbarung eines Gutachterverfahrens empfehle ich folgenden Regelungsumfang:

Person des Gutachters: Sofern nicht schon im Logistikvertrag bestimmt, muss das Verfahren zur Auswahl der Person des Gutachters beschrieben werden, ggf. unter Beschreibung, welche Eigenschaften er mitbringen soll, welcher Organisation er angehören muss/ soll etc. Und wichtig: Wer bestimmt final den Gutachter, wenn die Vertragsparteien sich nicht einigen können? Dies kann z.B. der Vorsitzende einer (zuständigen) IHK, der Vorsitzende des Schiedsgerichts Logistik o.ä. sein.

Briefing des Gutachters: Der Gutachter mag Logistikexperte sein, muss aber mit allen notwendigen Unterlagen und Informationen zum Herbeiführen einer (neutralen) Entscheidung gefüttert werden. Beide Parteien müssen die Gelegenheit haben, ausführlich ihre Stellungnahmen zum streitigen Punkt zu übermitteln. Dabei muss unerheblich sein, wer das Verfahren initial angestoßen hat.

Dauer des Verfahrens: Es macht immer Sinn, dem Gutachter eine sinnvolle Frist zur Begutachtung und Entscheidung vorzugeben. Diese muss natürlich lang sein, um der Vielzahl von streitigen Szenarien Rechnung zu tragen, z.B. 3-6 Monate.

Bindung an das Ergebnis: Natürlich sollte klargestellt werden, dass das „Urteil“ des Gutachters für beide Parteien verbindlich ist und umgesetzt werden muss (Ausnahme: das Gutachter-Verfahren ist einem Schiedsverfahren oder Gerichtsverfahren vorgeschaltet). Nicht gänzlich ausgeschlossen ist, dass dadurch die Weiterführung des Geschäftes für eine der beiden Parteien unzumutbar werden kann.

Kosten des Verfahrens: Da i.d.R. hohe Kosten entstehen, sollte der Punkt vorab geeinigt sein. Der Grundsatz der hälftigen Kostentragung produziert zusätzlichen Druck auf beide Parteien, es gar nicht bis zum Gutachter-Verfahren kommen zu lassen. Alternativ kann der Gutachter, je nach Einzelfall, die Kostenaufteilung entscheiden – damit ist dieser Punkt dann aber unkalkulierbar.

 

21. Laufzeit des Kontraktlogistik-Vertrages: Ist doch einfach?

Vermeintlich einfach ist die Definition der Laufzeit eines Kontraktlogistik-Vertrages. Tatsächlich sind die Parameter für deren Festlegung vergleichsweise übersichtlich. Für die initiale Laufzeit des Vertrages gelten folgende allgemeine „Merker“:

  • Je näher die konkrete Outsourcing-Variante an einem vollständigen „Betreibermodell“ (der Auftraggeber stellt Infrastrukturen und das Lagerverwaltungssystem) liegt, desto kürzer kann die Laufzeit sein. Das Risiko für den Dienstleister ist gering, ein Wechsel des Dienstleisters führt in den allermeisten Fällen zu einem Betriebsübergang gemäß § 613a BGB (keine Remanenzkosten).
  • Je mehr im konkreten Fall der Dienstleister stellen muss, z.B. alle Infrastrukturen und das Lagerverwaltungssystem, und je komplexer die Abwicklung, desto länger muss die Laufzeit sein.
  • Je „größer“ die Abwicklung ist, sprich je mehr Personal rekrutiert, trainiert und zu einer Organisation geformt werden muss, desto länger muss die Laufzeit sein.
  • Immer wenn die Realisierung der Abwicklung, die Migration in das Lager, der Hochlauf und das Einschwingen einer Abwicklung „lange“ dauert, macht eine lange Laufzeit Sinn. Alternativ muss man die Dauer vor dem „Regelbetrieb“ einer sinnvollen Initiallaufzeit des Logistikvertrages zuschlagen.
  • Je mehr Risiko, der Dienstleister nehmen muss, und je mehr Pionierarbeit vor ihm liegt, bis zum Erreichen eines eingeschwungenen Zustands, desto länger muss die Laufzeit sein.
  • Je mehr Übernahme-Verpflichtungen und Remanenzkosten-Risiken der Auftraggeber am Ende der initialen Laufzeit zu tragen bereit ist, desto kürzer kann die Laufzeit sein.

Was das für die Laufzeit in der Praxis heißt, ist im Einzelfall zu entscheiden. Ich kann für die Kontraktlogistik aber sagen, dass eine initiale Vertragslaufzeit von unter 3 Jahren eher selten und wenig attraktiv ist. Gleichzeitig liegen (derzeit) selbst große Umfänge bei „nur“ ca. 7-8 Jahren Initiallaufzeit.

Neben der ersten Laufzeit des Vertrages, vereinbaren die Parteien typischerweise, wie es danach weitergeht. In der überwiegenden Anzahl der Fälle, verlängert sich der Vertrag automatisch, wenn er nicht vorher ordentlich – zumeist von einer der Parteien – zum Ende der ersten Laufzeit gekündigt wurde. Das macht m.E. auch fast immer Sinn. Ob man dann bereits auf eine unbefristete Dauer wechselt oder weitere, mehrjährige Perioden vereinbart, ist ebenfalls eine Einzelfall-Entscheidung. Bedenken Sie dabei bitte nur:

  • Jede „Verlängerungs-Zeitscheibe“ sollte zumindest so lang sein, dass der Dienstleister eine sinnvolle Planungssicherheit hat, insbesondere in seiner Funktion als Arbeitgeber. 1-jährige Verlängerungen halte ich persönlich für die Mitarbeiter für untragbar.
  • Jede definierte Laufzeit, zu deren Ende ordentlich gekündigt werden kann, bietet in der Regel beiden (!) Partnern eine Gelegenheit zu (Nach-)Verhandlungen. Auch das ist taktisch bei der Gestaltung der Laufzeiten-Regelung zu beachten.

 

22. Kündigungsoptionen und Folgen vorab definieren

Unbedingt im Kontraktlogistik-Vertrag zu regeln sind sinnvolle und praxistaugliche Kündigungsfristen. Warum? Weil die gesetzlichen Fristen für die typischen Kontraktlogistik-Umfänge viel zu kurz sind, um in dieser Zeit eine Ersatzlösung bzw. einen alternativen Dienstleister zu positionieren.

Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, sich vor den Vertragsgesprächen im Rahmen eines Outsourcings, einen Überblick über die Gestaltungsoptionen zu Kündigungen des Logistikvertrages zu verschaffen und gedanklich alle Szenarien durchzuspielen. Ziel ist es, für jede Form von Kündigung, Klarheit insbesondere zu Kündigungsfristen und den Rechtsfolgen sowie faktischen Auswirkungen zu erlangen.

Ausgehen sollte man dabei m.E. von folgender Grundstruktur, die „im Mix“ in jedem umfangreichen Kontraktlogistik-Outsourcing genutzt werden sollte:

Ordentliche Kündigungsoptionen zum Ende der jeweiligen Vertragslaufzeit: „Geregelte“ Beendigung des Vertragsverhältnisses wie vorab geplant, ohne besondere Voraussetzungen und i.d.R. mit Fristen, innerhalb derer der Dienstleister den Betrieb geordnet beenden, der Auftraggeber eine neue Logistiklösung etablieren und migrieren kann.

Taktisch muss aber klar sein, dass der Dienstleister ab dem Zeitpunkt der Kündigung, zwar immer noch seiner Leistungspflicht vollumfänglich nachkommen muss, aber die Motivation auf einen Tiefstand sinkt = es besteht die Gefahr, dass „Dienst nach Vorschrift“ bis zum Vertragsende gemacht wird. Die Kündigungsfristen beider Parteien müssen auch nicht kongruent sein – ich halte es daher für absolut seriös, dass die Fristen für den Dienstleister länger sind als die Fristen des Auftraggebers!

Außerordentliche, fristlose Kündigungsoptionen: In der Regel greifen diese immer dann, wenn einer Partei die Weiterführung des Vertrages nicht (mehr) zugemutet werden kann, wobei die Voraussetzungen im Vertrag – mindestens exemplarisch – genannt sein sollten, z.B. fehlende Zahlungen des Auftraggebers, Insolvenz, Verstoß gegen vertragswesentliche Pflichten etc. Die Fristlosigkeit der Kündigung liegt einerseits in der Dringlichkeit der Situation, andererseits macht sie Probleme, da der Auftraggeber (sofern nicht selbst Verursacher) eine alternative Lösung zur Fortführung „seiner“ Logistik benötigt – diese Alternative braucht aber i.d.R. mehr zeitlichen Vorlauf.

Ordentliche/ außerordentliche Sonderkündigungen: In der Regel sind diese an klar definierte, explizite Voraussetzungen gekoppelt und fristgebunden. Beispiel: Die Unterschreitung definierter Service Level Grenzen in einem definierten Zeitraum, führt zur Sonderkündigungsmöglichkeit durch den Auftraggeber, da die Logistik-Qualität so schlecht ist, dass dessen Kerngeschäft zu stark beschädigt wird, um weiter zusammenarbeiten zu können. Der Vorteil liegt m.E. in der Klarheit der „Spielregeln“ für beide Parteien sowie der Festlegung einer sinnvollen Frist, um dem Auftraggeber die Etablierung einer Alternativlösung zu ermöglichen. Was die sonstigen Rechtsfolgen einer solchen Kündigung sind, ist relativ frei zu vereinbaren.

Eine Bitte meinerseits: Regeln Sie alle Voraussetzung für die Kündigung und alle (Rechts-)Folgen kristallklar und allgemeinverständlich! Leider erlebe ich hier regelmäßig eine unterschiedliche Interpretation derartiger Vereinbarungen.

 

23. Was umfassen Exit-Regelungen im Logistikvertrag?

Neben gut durchdachten Kündigungsoptionen kann ich nur empfehlen in den Vertrag auch einen Passus zur „Exit Regelung“ aufzunehmen, also den Bedingungen wie die Logistikabwicklung beendet bzw. an den Auftraggeber oder einen Folgedienstleister übergeben werden muss.

Was inhaltlich zu regeln ist, hängt stark von der Outsourcing-Variante und der Kritikalität der Logistik-Abwicklung für den Auftraggeber ab. Bleibt der Betrieb z.B. erhalten und erfolgt „nur“ ein Wechsel des Dienstleisters, kommt es in der Regel zum sog. Betriebsübergang, der in Deutschland im § 613a BGB geregelt ist. In einem solchen Fall sind viele Rahmenbedingungen gesetzlich geregelt – dies kann in der Praxis aber Fluch und Segen für den übernehmenden Betreiber einer Anlage sein. Details muss ich Ihnen hier ersparen, da das Thema Betriebsübergang so facettenreich ist, dass es hier kaum kurz & knapp oder allgemeingültig darstellbar ist.

Egal ob Betriebsübergang in dergleichen Logistikanlage oder Migration der Logistik zu einem neuen Dienstleister, folgende Aspekte sollten bereits bei Vertragsschluss verhandelt und festgeschrieben werden. Verlassen Sie sich niemals darauf, nach erfolgter Kündigung, noch konstruktive Regelungen für die „geschäftliche Trennung“ verhandeln zu können.

  • Sofern es eine Übernahme-Pflicht von Assets für den Auftraggeber zum Vertragsende gibt, sollte dieser unbedingt einen Inventar-Auszug zum Zeitpunkt der Kündigung erstellen lassen, durch den das zu übernehmende Inventar „fixiert“ wird.
  • Sofern nicht ohnehin für die gesamte Vertragslaufzeit gültig, sollten Sie Zugangs-Möglichkeiten zur Anlage für Mitarbeiter und Berater des Auftraggebers vereinbaren, bestenfalls sogar Mitarbeiter des Folgedienstleisters. Ziel ist immer die „saubere“ Bestandsaufnahme, um einen reibungslosen Übergang ermöglichen zu können.
  • Vereinbaren Sie konkret eine Kooperationspflicht für die Zusammenarbeit mit dem Folgedienstleister, insb. hinsichtlich des Austausches der notwendigen Daten/ Informationen. Je nach Mitarbeiter-Anzahl, die z.B. im Betriebsübergang übergeht, ist der Aufbau einer von Tag 1 funktionierenden Lohnbuchhaltung ein echter Zeitfaktor.
  • Sehen Sie vor, dass der bisherige Dienstleister mindestens mit dem Auftraggeber, besser noch zusammen mit dem Folgedienstleister, einen konkreten Umzugsplan (bei Migration der Abwicklung) erstellen muss. Neben den Mengen sollte dieser auch klare Verantwortlichkeiten, Zeiten, Auszeichnungen, Buchungsvorgänge etc. regeln.
  • Regeln Sie im Logistikvertrag, dass Kern-Leistungsträger für die Abwicklung, zwischen Kündigung und Vertragsende, nur mit Zustimmung des Auftraggebers versetzt werden können.
  • Vereinbaren Sie ggf. – wenn nicht ohnehin Teil des Vergütungsmodells – konkrete Konditionen für eine Lagerräumung. Diese findet i.d.R. ja nicht über die Auftragsabarbeitung statt, sondern über das Auslagern kompletter Handlings-Units.

Hieran ist gut zu sehen: Trennt man sich „im Schlechten“ kann ein Dienstleister-Wechsel extrem schmerzhaft und kompliziert werden. Da man das spätere Verhältnis beim Vertragsschluss noch nicht absehen kann, ist es in jedem Fall klug, so viele Punkte wie möglich „für den Fall der Fälle“ zu regeln.

Daneben ist essenziell, präzise Regelungen im Service Level Agreement vereinbart zu haben, insbesondere „schmerzhafte“ Mali bei schlechter Leistung. Grundsätzlich muss der Dienstleister ja bis zum Vertragsende seine Leistung erfüllen. Wenn er dafür zusätzlich die richtigen monetären Anreize hat, kann man zumindest etwas ruhiger in diese „Trennungsphase“ eintreten.

 

24. Zu empfehlen: Nachleistungsverpflichtung einbauen

Was passiert bei Beendigung des Logistikvertrages, wenn die Migration der Abwicklung auf den Auftraggeber oder einen Folgedienstleister nicht rechtzeitig zum Vertragsende mit dem bisherigen Partner stattfinden kann? „Dann muss man mit dem Bestandsdienstleister eine Übergangsregelung finden.“, ist die typische Antwort. Ja, das muss man dann, aber bitte nehmen Sie drei Gedanken dazu vorab mit:

(1) Es kommt in der Praxis gar nicht so selten vor, dass man einige Wochen Verzug in einem Terminplan eines solchen Kontraktlogistik-Projektes hat – zumal nur die wenigsten Auftraggeber-Vertreter derartige Projekte regelmäßig begleiten müssen/ können.
(2)
Wenn der Auftraggeber seinen Dienstleister gekündigt hat, sinkt dessen Motivation auf einen Nullpunkt, dem Auftraggeber über das Vertragsende noch zu helfen, „den Karren aus dem Dreck zu ziehen“.
(3)
Selbst wenn der bisherige Dienstleister absolut gewillt ist, den Auftraggeber noch über das Vertragsende hinaus (temporär) zu unterstützen, kann er es sachlich in manchen Fällen nicht (mehr). Flächen und FFZ sind abgemietet, Personal gekündigt, andere Verpflichtungen sind bereits gezeichnet etc.

Ich empfehle daher dringend, in Kontraktlogistik-Verträge eine sog. „Nachleistungsverpflichtung“ einzubauen. Diese regelt ganz offiziell die Möglichkeit für den Auftraggeber, vom Bestandsdienstleister eine zeitlich begrenzte Fortführung der Logistikleistungen, über das eigentliche Vertragsende hinaus, zu verlangen. Dabei ist sinnvoll zu vereinbaren, dass der Auftraggeber dieses einseitige Recht (a) nur einmalig und (b) mit einer sinnvollen Frist bis zum Vertragsende ausüben kann. Letztgenannte Frist hängt vom Einzelfall ab, muss dem Dienstleister aber in jedem Fall ausreichend Vorlauf bieten, um (a) noch leistungsfähig zu sein, (b) alle notwendigen organisatorischen und wirtschaftlichen Vorbereitungen dafür treffen zu können.

Ein Vorteil liegt auf der Hand: Die Vereinbarung einer solchen Option während der Vertragsverhandlung fällt deutlich leichter als „mit dem Rücken zur Wand“ im Bedarfsfall. Zusätzlich führt allein das Vorhandensein einer offiziellen Nachleistungspflicht auch dazu, dass beide Parteien ihre jeweiligen Organisationen, Verpflichtungen und eigenen Verträge so gestalten, dass dieser zeitliche Puffer realisierbar ist. Sprich, beide planen „besser“ und sind vorbereitet – auch wenn der Bedarf ggf. nicht entsteht.

 

Klingt banal? Ist es aber in der Praxis nicht … Andere Erfahrungen? Ich freue mich auf Ihr Feedback.

Stephan Meyer (www.stephanmeyer.biz)