Manche Outsourcing-Projekte sind komplexer als andere. Hierzu gehören alle „großen“ Single-User-Lösungen, bei denen der Auftraggeber in der Regel einen großen Anteil an der Gestaltung „seiner“ Lagerlogistikabwicklung haben, gleichzeitig aber an einen Logistikdienstleister fremdvergeben möchte.

Die Herausforderung besteht meist nicht nur in der Größe des Projektes, sondern in der Vielzahl der interdependenten Themenfelder und der sich wiederholenden Kernfrage, was der Auftraggeber selbst beistellen will, was durch den Betreiber eingebracht werden soll, wie weitreichend die Vorgaben für den Dienstleister sein müssen und wie Kosten, Qualität und Zeiten hinreichend zu kontrollieren sind.

Positiv nehme ich wahr: Da derartige Projekte für das eigene Management selten sind, gibt es wenige(r) Hemmungen, externe Expertise mit entsprechender Projekterfahrung zu engagieren. Diese Experten sollen das eigene Team temporär verstärken. Allerdings erlebe ich dabei häufig folgende Konstellation:

  • Vorstände oder Geschäftsführer bilden, aufgrund der Kritikalität des Projektes, das „Steering Committee“.
  • Der Logistik- oder Supply Chain Verantwortliche wird zum übergeordneten Projektleiter gemacht, natürlich neben dem Tagesgeschäft.
  • Dann kommt in der Regel das Zauberwort „Ausschreibung“ auf den Tisch.
  • Ein externe Logistikberater entwickelt, auf Basis der ihm vorgegebenen Informationen, ein Intralogistik-Konzept und/ oder „sammelt“ Konzept-Input über die Ausschreibung ein. Er fokussiert sich somit rein auf die prozessuale Funktionsfähigkeit der neuen Logistik und plausibilisiert die Kosten der Abwicklungsvarianten der anbietenden Dienstleister.
  • Ein externer Immobilien-Experte kümmert sich ausschließlich um Grundstück und Gebäude, auf Basis der Vorgaben des Unternehmens bzw. des Logistikberaters.
  • Es fällt dann zumeist auf, dass (a) die eigene IT-Abteilung keine Ressourcen hat und/ oder (b) dass die Konstellation Warenwirtschafts- zu Lagerverwaltungssystem ohnehin „neu“ gedacht werden muss. Ggf. wird auch hier ein externer Experte engagiert.
  • Ein externe Spezialanwalt und/ oder externer Verhandler kommt (erst) auf das Spielfeld, wenn weitgehend klar ist, wo die Reise hingegen soll und welche Dienstleistungspartner infrage kommen.

Alles gut und richtig, aber zu häufig werden diese Experten voneinander „entkoppelt“ bzw. zeitlich sequenziell eingesetzt. Der interne Logistik- oder Supply Chain Verantwortliche hat in der Regel Mühe, den Überblick zu wahren und intern zu allen Themen in Richtung der Geschäftsleitung auskunftsfähig zu bleiben.

Spätestens aber, wenn der Entwurf des Logistikvertrages entsteht und intern diskutiert wird, kommen – zwangsläufig – alle essenziellen Fragestellungen zur detaillierten Ausgestaltung des Outsourcings auf den Tisch. In der Folge kippt dann zumeist die Stimmung:

  • Die Vorstände oder Geschäftsführer trifft die volle Erkenntnis, wie „lebensbedrohlich“ das Projekt für das Kerngeschäft des Unternehmens sein kann.
  • Es entsteht bei ihnen Nervosität, weil (a) die Zeit knapp wird, (b) es durch die Experten nicht-komplementäre Empfehlungen gibt, (c) nicht alle (Detail-)Fragen sofort schlüssig beantwortet werden können.
  • Der Druck steigt. Die Nervosität auch.

Dabei fehlt m.E. doch nur ein Element in derartigen Projekten: Der „Outsourcing-Beirat“. Diese Person begleitet die Vorstände und Geschäftsführer als „Vertrauter auf Augenhöhe“, aber auch die wesentlichen Projektverantwortlichen während der gesamten (!) Dauer des Projektes. Er ist explizit kein „Super-Projektmanager“, sondern externer Experte für die Gestaltung von Outsourcings und Kenner der Gestaltungsmöglichkeiten. Er hilft

  • zu Beginn, die richtige Erwartungshaltung an das Outsourcing zu generieren,
  • das Gesamtprojekt sachlich und zeitlich richtig aufzugleisen,
  • die internen Verantwortlichen zu identifizieren und zu coachen,
  • die richtigen externen Experten zu verpflichten,
  • die Kommunikation im Projekt und über das Projekt auf dem richtigen Level zu halten,
  • Unvorhergesehenes zu beherrschen,
  • nie den „roten Faden“ im Projektverlauf zu verlieren.

Diese Funktion ist m.E. in der Regel kein Vollzeit-Engagement. Durch die externe Berater-Rolle ist sichergestellt, dass die emotionale Distanz und Objektivität zum Projekt gewahrt bleibt. Gleichzeitig ist die Gefahr gering, als zusätzliche Ressource in Tagesgeschäftsthemen verwickelt zu werden.

Warum man hierfür nicht einen Interim-Manager engagieren sollte? Ich denke, wenn es jemand mit umfassender Erfahrung und der entsprechenden Seniorität ist, kann das auch funktionieren. Organisatorisch würden man denjenigen aber typischerweise als voll verantwortlichen, übergeordneten Projektleiter für die gesamte Projektdauer installieren – mit der Gefahr, auch Tagesgeschäftsthemen zu handhaben, in interne Unternehmenspolitik zu geraten und Vollzeit vergütet werden zu müssen.

Was meinen Sie?

Stephan Meyer