Die gute Nachricht vorab: Entscheidungsschwäche ist heilbar!

Ich bin unsicher, ob die „Logistik-Bubble“ in der ich mich bewege, zu Fehlwahrnehmungen führt oder es sich gar um ein typisch deutschesPhänomen handelt, das auch unter „German Angst“ bekannt ist …

Ok, es verändern sich gerade viele, sehr viele Rahmenbedingungen für die Unternehmen und die Prognosen für die deutsche Wirtschaft sind nicht gerade optimistisch. Die Effekte sind hinreichend beschrieben: von Personalmangel bis zu langsamer Digitalisierung, flankiert von maroder Infrastruktur und geopolitischen Einflüssen, die die Lieferketten beschädigen. Das Thema Bürokratie klammere ich hier einmal aus, um meinen Kreislauf zu schonen …

Gleichzeitig ist der Markt geflutet von Problemlösungen und Problemlösern, von pragmatischen Ansätzen bis zu Anbietern des „heiligen Grals“ für alle Probleme. Möglichkeiten über Möglichkeiten.

Mit zunehmendem Unverständnis beobachte ich im Management fast aller Unternehmen aber eine – tja, wie soll ich es sagen – „Entscheidungs-Resistenz“, insbesondere bei den großen Herausforderungen, die gelöst werden müssen. Quasi die „Opossum-Strategie“: Totstellen, bis die Gefahr vorüber ist … (-:

Über die Gründe kann ich nur spekulieren, aber meine (unseriöse) Diagnose ist: Erschöpfung des Managements „post Corona“, gepaart mit dem Irrglauben, Entscheidungen erst dann treffen zu können, wenn alle „Fakten“ auf dem Tisch liegen!?

Zumindest für alle Top Manager in der Logistik kann ich sagen: Verabschieden Sie sich von diesem Glaubenssatz! Die Zeiten sind vorbei, in denen man alle Herausforderungen und Handlungsoptionen hinreichend analysieren konnte, um dann die (logistische) Fahrtrichtung des Unternehmens bestimmen zu können. Dafür gibt es jetzt und in absehbarer Zeit zu viele Variablen und zu viel Veränderungsdynamik!

Ok, aber was ist nun das Rezept?

  1. Finden Sie sich damit ab, dass Sie viel häufiger Entscheidungen in großer Unsicherheit treffen müssen und dann sehr regelmäßig die Fahrtrichtung kontrollieren und ggf. adjustieren müssen.
  2. Betreiben Sie aktives Expectation Management in Ihrem Unternehmen zu diesem Mind Shift und nehmen Sie Ihrem CEO, den Gesellschaftern, den Mitarbeitenden etc. aktiv deren ebenso falsche Erwartungshaltungen hinsichtlich Ihrer Entscheidungen.
  3. Arbeiten Sie in Szenarien mit „Fahrplänen“ und vor allem abteilungsübergreifend! Es ist sinnlos eine belastbare Planungsbasis vom Vertrieb, Einkauf etc. zu fordern, auf deren Basis dann das „perfekte“ Logistikkonzept entstehen soll …
  4. Seien Sie kreativ, denken Sie modular. Tauschen Sie sich unternehmensübergreifend mit Managern in ähnlicher Funktion aus. Arbeiten Sie an Kooperationen.
  5. Holen Sie sich erfahrene externe Generalisten hinzu, die theoretisch Ihren Job machen könnten. Erlangen Sie hierdurch mehr Ideen, Klarheit, Orientierung, Argumente und Gewissheit, welche logistischen Strategien/ Wege Sie verfolgen, warum Sie dies tun, wie Sie Risiken reduzieren … , und wie deshalb der individuellen Logistikfahrplan für Ihr Unternehmen aussieht.

Entscheidungsschwäche ist heilbar!

Rechtlicher Hinweis: zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt, Apotheker oder Anwalt!

Stephan Meyer